Entlassfeier am AMG

Davon herrschen bestimmt verschiedene Vorstellungen vor. Ein guter Captain muss nach meiner Auffassung immer hinter seiner Mannschaft stehen, er muss als Teamleiter vorleben, was Fairplay und gutes Miteinander bedeuten. Er muss alles geben, wenn das Boot zu kentern droht, er muss da sein, wenn seine Crew ihn braucht, kann aber auch die Leinen lockern, wenn alles läuft.

Ein guter Captain ist immer auch ein guter Mensch. Einer mit Persönlichkeit und klaren Zielen, mit Überzeugungen und Mitgefühl, mit der richtigen Portion Gelassenheit und Ernsthaftigkeit.

Aber, lassen Sie uns realistisch bleiben: Sie müssen kein Captain werden, um all diese Attribute mit Leben zu füllen. Es reicht schon, wenn Sie selbstbestimmt und selbstbewusst Ihre Ziele angehen, ganz gleich in welcher Funktion.

Liebe Abiturienten,

Sie haben jetzt acht Jahre gemeinsam auf einem Boot verbracht. Sie sind viele Jahre durch das Hauptportal gegangen, vorbei am Logo des AMG, dass ja die Initialen darstellt, das aber auch an ein Segel erinnert. Und darum möchte ich noch ein wenig bei dieser Metapher bleiben:

Heute haben Sie sich alle so schön aufge“takelt“, denn Sie haben allen Grund zum Feiern! Es ist geschafft.

Die See ist wieder ruhiger, nach dem Prüfungsstress herrscht jetzt erst einmal Flaute. Für Sie, die Abiturientia, heißt das durchatmen, eine Pause machen, vielleicht eine Reise.

Das heißt auch: Es wird ein neuer Alltag und damit ein neues Leben beginnen, an einer Universität, in einer Berufsausbildung, als sog. Bufdi oder im Ausland. Für den einen wird die See vielleicht rau und stürmisch, für manch andere vielleicht eher sonnig mit guten Windverhältnissen.

Niemand weiß schon jetzt, was das Wetter, was die Zukunft bringt. Aber Sie haben jetzt das Ruder selbst in der Hand.

Sie alle, ob Sie mal ein Team leiten oder Teil eines Teams sind, sind jetzt der Captain Ihres weiteren Weges. Spätestens jetzt übernehmen Sie die Verantwortung für Ihr Leben selbst.

Natürlich wird es weiterhin Vorgesetzte und Professoren geben, die Sie anleiten, prüfen, begleiten. Auch Ihre Eltern und Freunde werden Sie weiter nach Kräften unterstützen und Ihnen mit offenen Ohren und Ratschlägen beiseite stehen.

Die Segel für Ihre Zukunft sind mit dem bestandenen Abitur gehisst. Klar Schiff, es kann losgehen. Alle Frauen und alle Mann an Bord, fertig zum Ablegen! Ich wünsche Ihnen viel Sonne und die passende Windstärke. Und auch, dass Sie Unwetterwarnungen immer rechtzeitig hören und das Unwetter dann noch rechtzeitig umschiffen können, und notfalls auch mal das Ruder herumreißen. Schon die alten Wikinger wussten: „Über den Wind können wir nicht bestimmen, aber wir können die Segel richten.“ 

Richten Sie Ihre Segel aber bitte immer so aus, dass Sie nie Schiffbruch erleiden, und dass Sie immer in sicherem Fahrwasser schippern. Ein bisschen Gegenwind kann dabei gar nicht schaden. Auch bringt es einen manchmal schneller zum Ziel, gegen den Wind zu kreuzen, als mit dem Wind zu segeln.

Gerade in so jungen Jahren ist es eine besondere Herausforderung, zu entscheiden, welchen Weg man einschlagen möchte. Außerdem werden Sie mehr als alle Generationen zuvor, mehrmals neue Richtungen einschlagen, sich weiterbilden, sich möglicherweise auch um- oder ganz neu orientieren müssen. Mit der richtigen Einstellung, einer gesunden Wissbegierde und Neugierde und dem Streben nach lebenslangem Lernen ist das sicher sehr gut zu meistern. Sie wissen ja bereits: zu lernen lohnt sich, es ist keine verlorene Zeit.

Wichtig für einen echten Seemann, eine echte Seefrau ist auch, mit allen Wassern gewaschen zu sein. Befahren Sie sprichwörtlich die sieben Weltmeere, schauen Sie über den eigenen Horizont. Denn Erfahrungen sind vor allem dann gut und hilfreich, wenn man sie selbst macht.

Für die Zukunft wünsche ich Ihnen immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel. Ich hoffe, dass Sie immer wieder in den Heimathafen zurückkehren werden, wenn es Sie weiter hinaustreibt. Und dieser Heimathafen heißt auch Beckum. Ich will jetzt nicht sagen: der Hafen Beckum an der Werse. Das ist natürlich quatsch: Aber ich würde mich freuen, wenn diejenigen, die es weit in die „Welt“ hinaustreibt, ab und an in den Heimathafen Beckum zurückkehren und einige Tage hier in der Familie, bei Festen oder dem Karneval mitfeiern. Oder sogar zurückkehren, um hier zu arbeiten. So miefig wie Sie es jetzt vielleicht finden, ist unsere Stadt garnicht. Aber dazu muss man manchmal erst die Ferne kennen gelernt haben.

Jetzt verlasse ich aber den Ausguck, denn jetzt heißt es volle Kraft voraus für Ihre Abiturfeier. Dabei wünsche ich Ihnen und Ihren Angehörigen ganz viel Spaß!